„Warten ist doch einfach, der Hund muss dabei doch gar nichts tun!“
Das ist wohl eines der großen Irrtümer von Hundehaltern gegenüber ihren Hunden.
Gerade habe ich ein Video gesehen, darin macht eine Hundehalterin mit einem ihrer Hunde einige Übungen,
der andere Hund sollte daneben auf einer Decke warten und zusehen.
Der wartende Hund sitzt relativ unentspannt (angespannte Körperhaltung, erwartungsvolle Haltung, unruhiges hin und her „wetzen“ und viele Korrekturen der Halterin nötig) auf der Decke. Er wird dabei unter anderem von der Frau an der Brust dagegengehalten und leicht nach hinten geschubst.
Das ist ein klassisches Beispiel, wie sich Fehler im Training einschleichen. (Hat GARANTIERT jeder von uns schon gemacht). Impulskontrolle und Frustration aushalten haben sehr viel mit dem Warten zu tun.
Schubsen als Strafe
Das Schubsen soll ja das unerwünschte Verhalten unterbinden (im Video ist es das nach vorne Gehen des Hundes). Der Hund soll lernen, dass es nicht erfolgreich ist, die Decke zu verlassen. Ist also rein lerntheoretisch eine Strafe. Diese soll dazu führen, dass das Verhalten nicht mehr gezeigt wird. Für eine nachhaltige und gelingende Strafe müssen aber drei Faktoren eingehalten werden:
Konsequenz: das Verhalten muss IMMER bestraft werden.
Intensität: die Intensität der Strafe muss so hoch sein, dass der Hund es auch als Strafe auffasst bzw. das Verhalten auf jeden Fall einstellt. Darf aber nicht so intensiv sein, dass der Hund Angst bekommt.
Timing: die Strafe muss innerhalb von 0,5-2 sec nach dem unerwünschten Verhalten folgen, ansonsten wird sie nicht mit dem unerwünschten Verhalten in Verbindung gebracht.
Werden diese Faktoren nicht eingehalten, hat die Strafe keine Wirkung
Das gilt IMMER, nicht nur im Videobeispiel.
Das Schubsen wirkt nicht als echte Strafe, man erkennt es daran, dass der Hund es immer wieder versucht. Die Strafe im Video ist „nur“ leicht, was natürlich gut ist. Allerdings somit absolut unnötig, denn erstens wirkt es nicht als Strafe und dem Hund geht es damit nicht gut.
Woran erkenne ich, dass es dem Hund nicht gut geht?
Ich versetze mich in seine Lage. Er ist sehr interessiert am Training, schließlich darf der andere Hund mit dem Menschen agieren und wird dafür belohnt, er nicht. Er kann sich nicht darauf konzentrieren, auf der Decke zu bleiben und macht ständig „Fehler“ – er steht immer wieder auf. Ganz offensichtlich kann er von ihm Verlangtes noch nicht leisten – er ist überfordert.
Immer wieder wird er zurückgeschubst – das ist auf Dauer sehr frustrierend.
Frustration ist (auf Dauer) ein Stressfaktor.
Nun aber zu der eigentlichen Frage, wieso sich Warten lohnen muss:
Lohnt es sich, so wie eben beschrieben, für ihn auf der Decke zu bleiben? Ich denke, du siehst das wie ich. Nein.
In diesem Moment fühlt er Frustration und wird immer wieder geschubst …
Er merkt, dass er nicht zu seinem Ziel kommt, teilzunehmen. Er möchte dabei sein und mitmachen. Wird aber immer wieder geschubst, für ihn aus unersichtlichem Grund. Hat er gelernt, ruhig und entspannt zu warten, mit dem Wissen, dass es sich lohnt? Wissen wir nicht sicher, aber sieht nicht danach aus, zumindest nicht in gezeigter Situation.
Was müsste er also lernen?
Dass sich auf der Decke zu bleiben lohnt, sich dabei wohl zu fühlen und zu entspannen – und das Vertrauen, dass z. B. das Training des anderen Hundes ein Versprechen dafür ist, dass gleich er dran kommt.
Wie sollte man also das Training gestalten?
Beginne das Training außerhalb der Situation, in der dein Hund warten können soll. Wenn es also um Training mit zwei Hunden geht, und immer einer warten soll, übe mit einem Hund alleine, dass er auf einer Decke liegt, entspannt ist und dafür belohnt wird.
Erst wenn das alleine gut klappt, übst du das auch in der Situation, für die du trainierst.
Anfangs übst du auf jeden Fall mit einer hohen Belohnungsrate und so, dass der Hund garantiert Erfolg hat (=gestalte es einfach!). Später wird die Belohnung dann weniger und man variiert. Du kannst dann Futter ersetzen durch Lob, Zuwendung, Spiel, angenehmen Körperkontakt, Kausachen, was zum Schlecken, usw.
In der dargestellten Situation würde ich (vor allem anfangs im Training) dem wartenden Hund alle paar Sekunden etwas geben.
Es gilt immer, der Situation angepasst zu agieren. Ein Beitrag/Text kann immer nur Ideen geben, und ist kein, für alle passender, Trainingsplan.
Impulskontrolle und Frust aushalten
Warten erfordert jede Menge Impulskontrolle und/oder Frustrationstoleranz. Daran müssen wir denken und es entsprechend belohnen.
Habe also Verständnis für das Verhalten deines Hundes. Ein „DAS MUSS DER LERNEN, WEIL ICH DAS VERLANGE!“ oder „DA MUSS DER JETZT HALT DURCH“ führt nicht zum Erfolg. Verständnis, Fairness und Training, das bedürfnisorientiert ausgerichtet ist, führen weitaus besser zum Erfolg. Obendrauf baust du eure Bindung weiter auf, statt sie zu verschlechtern.
Impulskontrolle und Frustrationstoleranz lernt der Hund situationsbezogen. Das heißt, dass jede Situation, in der dein Hund warten können soll, einzeln gut aufgebaut und geübt werden darf.
Schreib dir doch gleich alle Situationen auf, in denen du dir wünschst, dass dein Hund ruhig abwarten kann. Wie viele sind es? Sind sie alle wichtig?
Was ist denn gleich nochmal der Unterschied zwischen Impuls und Frustration?
Dazu in einem zukünftigen Beitrag mehr.
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